In Valendas formierte sich 2003/04 eine Bürgerinitiative mit dem Ziel, durch eine nachhaltige Dorferneuerung das von jahrzehntelanger Abwanderung gezeichnete Dorf vor dem sicher geglaubten Untergang zu bewahren. Auf der gegenüberliegenden Talseite der massentouristischen Hotspots Flims, Laax und Falera gelegen, war Valendas von den baulichen Auswüchsen der Hochkonjunkturzeit verschont geblieben, weshalb sich sein Ortsbild samt Umgebung heute in ausserordentlich unversehrtem Zustand präsentiert. Diese Intaktheit wurde als Pluspunkt erkannt. Formiert im Verein Valendas Impuls stellten sich engagierte Dorfbewohner die Frage: Wie kann die wertvolle historische Bausubstanz vor dem Zerfall bewahrt und gleichzeitig so genutzt werden, dass sie zur Belebung des Dorfes wie auch zu einer Wertschöpfung vor Ort beiträgt? 

Zu ihrer Beantwortung holte man sich den Bündner Heimatschutz ins Boot. Seither ist unser Verein bei der Valendaser Dorferneuerung als «baukulturelles Gewissen» mit von der Partie. Den Kern unseres Engagements bildet die Bereitstellung von fachlichen Grundlagen, hauptsächlich in der Form von «Machbarkeitsstudien». Die erste, 2006 lancierte Studie für Valendas wurde an die regional ansässigen Architekten Ramun Capaul und Gordian Blumenthal vergeben. Es ging darum, das Entwicklungspotential dreier seit Jahrzehnten leerstehender historischer Häuser am zentralen Dorfplatz auszuloten. Das Türalihuus, ein siedlungsbaulich und baugeschichtlich ebenso wertvolles wie verwahrlostes barockes Bürgerhaus, sollte auf seine Eignung für die Einrichtung von Ferienwohnungen untersucht werden, für das gemeindeeigene Engihuus sah man – in Ergänzung zum Türalihuus – den Ausbau zu einem öffentlichen Begegnungsort mit Restaurant, Festsaal und Gästezimmern vor. Und am Grauhuus schliesslich, einem Repräsentationsbau des 17. Jahrhunderts in Privatbesitz, sollte exemplarisch aufgezeigt werden, wie sich ein wertvolles Haus unter Berücksichtigung denkmalpflegerischer Anliegen heutigen Komfortansprüchen anpassen lässt. 

Die Studie war der Startpunkt einer beachtlichen Erneuerungsbewegung. Das Türalihuus fand in der Stiftung Ferien im Baudenkmal eine neue Eigentümerin, welche den barocken Prachtbau für zweieinhalb, vornehmlich über Spenden akquirierte Millionen Franken durch die Architekten Capaul & Blumenthal in zwei grosszügige Ferienwohnungen unterteilen liess. Bei der Renovation kam ein streng konservatorischer Ansatz zum Tragen, dessen ungefilterte Radikalität Wellen schlug. Das Engihuus wiederum kam in Besitz der neu formierten Stiftung Valendas Impuls (in welcher der Heimatschutz in der Person von Geschäftsleiterin Ludmila Seifert vertreten ist). Auf Empfehlung des Heimatschutzes wurde der namhafte Vriner Architekt Gion A. Caminada mit dem Umbau des in seinem Kern ins 16. Jahrhundert reichenden Gebäudes in das Gasthaus am Brunnen betraut; Caminadas Vorprojekt wurde vom Bündner Heimatschutz finanziert. Das im Sommer 2014 eröffnete Haus hat wesentlich zur erhofften Revitalisierung des Dorfplatzes als Ort der Gemeinschaft beigetragen und damit zu einer enormen Aufwertung des Dorfkerns geführt. 

Im Anschluss an die Eröffnung des neuen Gasthauses liess der Bündner Heimatschutz auch für das dem Engihuus gegenüberliegende, partiell leerstehende ehemalige Schulhaus eine Machbarkeitsstudie erarbeiten, um aufzuzeigen, ob und wie sich das Gebäude zu einem multifunktionalen Bau mit Wohnungen, Ausstellungsraum und öffentlicher WC-Anlage umnutzen liesse. Autoren der Studie waren die Architekten Selina Walder und Georg Nickisch aus Flims, die von der Gemeinde schliesslich auch mit der ersten Umbauetappe betraut wurden. Diese umfasste die Instandsetzung der Gebäudehülle und eine Erneuerung der beiden unteren Geschosse. Mit der 2016 abgeschlossenen Teilrenovation führten die jungen Architekten vorbildhaft vor, wie ein zur Schäbigkeit verkommenes Haus mit wenigen präzisen Interventionen auch unter enormen Kostendruck wieder zu alter Würde finden kann. 

Die Renovation des alten Schulhauses war ein weiterer Meilenstein in der Valendaser Dorferneuerung, die heute aufgrund ihres exemplarischen Charakters weit über die kantonalen Grenzen hinaus für Aufsehen sorgt. Einer ihrer Erfolgsfaktoren ist unzweifelhaft das hohe baukulturelle Niveau. Die Projekte Türalihuus und Gasthaus am Brunnen wurden 2015 mit dem zweiten Preis des Constructive Alps und 2017 bei der fünften Auslobung der Auszeichnung Gutes Bauten Graubünden mit einer Auszeichnung geehrt. Nikisch/Walder wiederum erhielten für ihre Arbeit am alten Schulhaus 2017 den Umsicht»-Preis des SIA. Der ausserordentliche architektonische Standard hat dem Dorf einen eigentlichen Architekturtourismus beschert, dem der Bündner Heimatschutz mit der Herausgabe eines Architekturführers Rechnung trug.

Quelle: Bündner Heimatschutz